Grab them by the pitches

Wir von 36grad laufen als Kreati­va­gentur regel­mäßig zu Hochform auf, wenn wir von großen Playern zur Teilnahme an Pitches einge­laden werden. Unsere Erfah­rungen und unsere Haltung zu Pitches, Ausschrei­bungen und Wettbe­werben wollen wir mit Euch teilen:

Ein Pitch ist ein Pitch ist ein Pitch.

Bei einem Pitch stellt eine gut betuchte Company die berühmte Schnee­witt­chen­frage „Wer ist die Schönste im ganzen Land?“ Und alle geladenen Agenturen putzen sich fein heraus, um einen dicken Etat an Land zu ziehen. Und am Ende gewinnt natürlich Schnee­wittchen.

ECHT | NICHT | ODER?
LEIDER NICHT ECHT!

Damit kommen wir zum postfak­ti­schen Problem der Kreativ­branche: We call them Pitches. Zurzeit grassieren Fake Pitches ebenso wie Fake News. Beides funktio­niert nach dem gleichen Schema: Es werden alter­native Fakten geschaffen, dass selbst Pinocchio die Schamesröte ins Gesicht steigt. Jetzt zeigen wir Pitches und Konsorten die lange Nase.

Und das aus gutem Grund: Wer denkt, ein Pitch diente 2017 noch der Auswahl bester Kreation, hat entweder zuviel geraucht oder malt in seiner Freizeit Mandalas aus. Allzu oft spielt nämlich der poten­tielle Kunde Agentur-​​Marionetten-​​Theater. Das Drehbuch ist in Eigen­regie verfasst und hat selten ein Happy End. Die Schau­spieler werden auch nicht entlohnt, sie dürfen in dieser win-​​Situation für lau Produkt– und Marken­profile schärfen, CIs entwi­ckeln und kreative Feuer­werke abfeuern. Da lässt sich jemand feiern und zwar mit einer Agentur-​​Flatrate.

Wir haben hier einmal die belieb­testen Arten der Fake-​​Pitches zusam­men­ge­tragen:

DER VAMPIR-​​PITCH
Deine Kollegen ächzen, das ganze Team gibt alles, arbeitet spät, nachts und sieht morgens aus wie eine Leiche, ausge­saugt, aber die Präsen­tation steht und ist bildschön, lebendig und gerade recht­zeitig zum Abgabe­termin fertig. Und dann entdeckst du Sätze wie diesen in der Ausschreibung: „Die Rechte an der Arbeit werden nicht nur vollständig übertragen, sondern wir stimmen auch noch explizit zu, dass diese von Dritten genutzt, verändert und veröf­fent­licht werden darf.“ Kopf Tisch. Klar, Graf Dracula und 100 Jungfrauen gibt es noch gratis dazu. Unsere Kollegen von Helllicht haben dazu einen sehr schönen Rant verfasst.

DIE PITCH-​​BITCH 1
Das Unter­nehmen ist von dir entzückt, lobt dich in den höchsten Tönen, macht dir Kompli­mente, sendet Blumen. Schielt dir unver­hohlen auf den Hintern und am Ende des Tages heiratet es eine Agentur, die Wackel­d­ackel auf Klorollen häkelt. Qualität? Pfffft.

DIE PITCH-​​BITCH 2
Alle Agenturen haben ihr schönstes Kleid angezogen. Nur eine nicht, die sagt: „Ich kauf mir einen Kunden.“ Manche Ausschrei­bungen werden allein nach dem günstigsten Angebot entschieden. Warum nicht einfach irgendein Angebot mit Tiefpreis­ga­rantie abgeben. Ruhm und Ehre und eine tolle Kunden­re­ferenz. Bezahlung war gestern. Das ist zu billig.

DER LOSER-​​PITCH
Der Heirats­schwindler unter den Pitches: Eine Ausschreibung voller Versprechen, mit Himmel voller Rosen und so. Am Ende des Tages ist der Vogel aber entflogen und alle pitchenden Agenturen gehen leer aus. Darf das? Unsere Kollegen vom Designerdock sind sich einig: „Das geht ohne weiteres nicht: Die Ausschreibung eines Pitches beinhaltet eine recht­liche Verpflichtung, dem Gewinner den verspro­chenen Auftrag zu erteilen. Rechtlich gesehen handelt es sich um eine sog. Auslobung (§657 BGB), die ein bindendes Versprechen zum Gegen­stand hat.“

DER WRESTLING-​​PITCH
Die Agenturen betreten den Ausschrei­bungsring. Sie geben ihr Bestes. Lassen die kreativen Muskeln spielen. „Träum­erlein, wach auf oder glaubst Du auch, dass Wrestling ein echter Ringkampf ist?“ Der Gewinner steht hier von Anfang an fest, aber man brauchte halt drei Angebote oder fünf. „Mir doch Wurst, ob andere umsonst arbeiten. Ich tu halt meinen Job.“ Danke für nichts, Honey.

Wir machen echt geile Werbung: kreativ, wertschätzend und wertschöpfend. Und das machen wir gerne und gut (bleiben wir bescheiden). Aber nicht umsonst. Im Rheinland gibt es das schöne Sprichwort „Wer poppe will, muss fründlich sin.“ Und so halten wir es im übertragenden Sinne künftig auch: Kein Trump’sches Gratis-​​Grapschen mehr. Wir freuen uns auf jeden Kunden, der unsere Kreati­vität heraus­fordern möchte und nehmen auch schwierige Arbeiten gerne an: auf Augenhöhe und mit Respekt. Dann klappt das auch mit der Partner­schaft.

Feedback und eigene Erleb­nisse sind gerne erwünscht. Teilt Eure Erfahrung mit uns in den Kommen­taren.

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